Kuba investiert in die Stromwirtschaft

Ausrüstungen der Elektrotechnik gefragt / Stärkere Nutzung alternativer Energiequellen

México D.F. (bfai) - Kuba entwickelt sich zu einem interessanten Markt für Ausrüstungen der Elektrotechnik, insbesondere zur Stromerzeugung mit Diesel- und Windgeneratoren sowie Kleinanlagen der Photovoltaik und Wasserkraft. Konjunktur hat ebenfalls Übertragungs- und Schalttechnik. Grund dafür ist der Zwang zur grundlegenden Modernisierung und Dezentralisierung der Stromwirtschaft. Alternativ wird an Gezeiten- und Thermaltechnologien im offenen Meer geforscht.

Nach Angaben des für die Stromwirtschaft zuständigen Ministeriums für Basisindustrie, MINBAS, wurden bereits in 110 von insgesamt 169 Landkreisen Dieselgeneratoren aufgestellt, die zusammen über eine Kapazität von 1.307 MW verfügen. Weitere 3.000 Betriebe und öffentliche Einrichtungen erhielten Kleingeneratoren, mit denen vor allem Stromausfälle in den Netzen überbrückt werden. Es ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Generatoren verschiedener Größe damit nicht vollständig gedeckt ist. Bei dieser Technik ist Kuba auf Importe angewiesen. Neben Diesel gelangt ebenfalls Schweröl sowie Erdgas als Energieträger zur Stromgewinnung zum Einsatz.

MINBAS teilte weiterhin mit, dass die Wiederherstellung der Übertragungsnetze zu 70% abgeschlossen ist - das gesamte Projekt nimmt drei Jahre in Anspruch. Laut gleicher Quelle steht nunmehr der Austausch von Stromzählern und von mehr als 3 Mio. Stromschaltern in Privatwohnungen an. Weiterhin besteht Ersatzbedarf für 116.000 Strommäste sowie für 21.300 km Übertragungslinien, wobei ausdrücklich betont wurde, dass sämtliches Material höchsten Qualitätsansprüchen genügen muss.

Dem Ziel der Stromeinsparung dient ebenfalls der schrittweise Austausch energieintensiver Elektrohausgeräte wie Kühlschränke und Waschmaschinen vorrangig osteuropäischer Bauart, die teilweise mehr als 20 Jahre in Betrieb sind. Doch kommt dieses Programm gemäß verschiedener Presseberichte wegen Lieferengpässen gelegentlich ins Stocken. Neue Elektrohausgeräte bezieht Kuba unter anderen aus der VR China.

Im Ausbau befindet sich die Energiegewinnung aus alternativen Quellen. Eigens koordinieren MINBAS sowie das Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Umwelt (CITMA) die Arbeit von 20 Forschungseinrichtungen und Durchführungsorganisationen für den Bereich alternative Energiegewinnung. Erst im Februar 2007 wurde in Canarreos auf der Isla de la Juventud ein Windpark mit einer Kapazität von 1,65 MW eingeweiht, der zusammen mit komplementären Dieselgeneratoren an das Stromnetz angeschlossen wurde. Bislang existierte nur eine Versuchsanlage für Windkraft in Ciego de Avila auf der Insel Turiguanó.

Die Technologie für den neuen Standort Canarreos lieferte die französische Vergnet, die über Versuchsanlagen auf der Insel Guadeloupe und in Neukaledonien verfügt, wo ähnliche klimatische und Windverhältnisse wie auf Kuba herrschen. Vergnet möchte auch künftig Windparks auf der Antilleninsel projektieren und einrichten.

Ein weiterer Windpark mit sechs Generatoren mit zusammen 5,1 MW entsteht nach Angaben der kubanischen Akademie der Wissenschaften (Academia de Ciencias de Cuba) derzeit in Gibara (Provinz Holguín). Die Arbeiten in Gibara sind zur Hälfte abgeschlossen. Neue Standorte werden gesucht, wobei die Wahrscheinlichkeit von Unwetterbilden wie Wirbelstürme relativ gering sein muss - genau aus diesem Grund müssen Windkraftanlagen auf Kuba besonders widerstandsfähiger Bauart sein.

So entwickelte Vergnet in Canarreos eigens kippbare Türme, um die Anlagen bei einem herannahenden Wirbelsturm umlegen und somit besser vor Beschädigungen schützen zu können. In Gibara sind die Türme im Unterschied nicht abklappbar, sondern die Rotorenblätter werden bei Windgeschwindigkeiten über 90 km/h angehalten. Anschließend werden die Generatoren quer zum Wind gedreht, um den geringsten Widerstand zu bieten.

Kleinanlagen der Photovoltaik stehen bereits an 4.000 schwer zugänglichen Punkten der Insel, um den Minimalbedarf privater Haushalte an Elektroenergie zu decken. Als Institution beschäftigt sich mit der Photovoltaik unter anderem das Zentrum für Technologieanwendungen zur nachhaltigen Entwicklung (Centro de Aplicaciones de Tecnologías para el Desarollo Sostenible/CATEDES) sowie das Wissenschafts- und Umweltministerium CITMA. In entlegenen Regionen gelangen ebenfalls kleine Wasserkraftanlagen zur Anwendung, wobei die Insel jedoch über keine reißenden Ströme wie andere lateinamerikanische Staaten verfügt.

Bei der Weiterentwicklung und Installation von Sonnenkollektoren zur Nutzwassererwärmung nahm Kuba eine Kooperation mit Venezuela auf. Auf kubanischer Seite zeichnet für diese Technologie unter anderem das Studienzentrum für Technologien der erneuerbaren Energien (Centro de Estudio de Tecnologías Energéticas Renovables/CETER) verantwortlich. Auf Kuba gelangen Sonnenkollektoren insbesondere auf Dächern von Hotels und Krankenhäusern zum Einsatz.

Kuba fährt ebenfalls ein Programm zur Gewinnung von Bioethanol aus Rückständen und Nebenprodukten der Zuckerrohrverarbeitung. Dafür werden 11 der 17 Destillationsbetriebe modernisiert, die zusammen eine Kapazität von 180 Mio. l pro Jahr aufweisen. Es bestehen Pläne, die Kapazitäten bis 2010 sogar auf 500 Mio. l/Jahr auszuweiten. Wie jedoch amtlicherseits betont wurde, dient der kubanische Bioethanol ausdrücklich nicht als Treibstoffzusatz, sondern für medizinische Zwecke, als Brennmaterial zum Kochen sowie zur Herstellung alkoholischer Getränke.

In der Forschungsphase steckt die Stromerzeugung aus Thermalkraftwerken im offenen Meer (Ocean Thermal Energy Conversion/OTEC). Die Reste einer Versuchsanlage, die der Franzose George Claude in den 30er Jahren gebaut hat, sind in der Nähe der Stadt Matanzas zu besichtigen. Diese alte Idee möchten die Verantwortlichen auf Kuba aufgreifen und zur Anwendung bringen. Involviert sind neben der Institution GEOCUBA, die heimische Strom- und Mineralölwirtschaft sowie mehrere Universitäten.

An der Universität Camagüey wird darüber hinaus an Gezeitenkraftwerken geforscht, wobei die Nationalgewässer in der Karibik nur relativ geringe periodische Änderungen der Wasserstände aufweisen. Doch befinden sich in den Buchten im Nordwesten der Insel Kanäle und salzwasserhaltige Binnenseen, die zur Stromerzeugung genutzt werden könnten. Gemeinsam mit der Nationalen Energiekommission (Comisión Nacional de Energía) sowie GEOCUBA soll eine Versuchsanlage mit 1 MW Kapazität errichtet werden.